Sonnets To Orpheus II, 27

Gibt es wirklich die Zeit, die zerstörende?
Wann, auf dem ruhenden Berg, zerbricht sie die Burg?
Dieses Herz, das unendlich den Göttern gehörende,
wann vergewaltigts der Demiurg?

Sind wir wirklich so ängstlich Zerbrechliche,
wie das Schicksal uns wahrmachen will?
Ist die Kindheit, die tiefe, versprechliche,
in den Wurzeln - später - still?

Ach, das Gespenst des Vergänglichen,
durch den arglos Empfänglichen
geht es, als wär es ein Rauch.

Als die, die wir sind, als die Treibenden,
gelten wir doch bei bleibenden
Kräften als göttlicher Brauch.

Does Time really exist, the Destroyer?
When does it crush the castle on the summit?
This heart, belonging to the gods forever:
when does the Demiurge rape and ruin it?

Are we really such fearfully fragile things
as fate keeps telling us every day?
Does childhood, deep, full of promisings,
later - in the roots - have nothing to say?

Ah, the specter of the ephemeral
wafts through the naive susceptible
like the puff of smoke it is.

As that which we are, as the drivers,
we're still regarded by lasting powers
as divine necessities.

Copyright ©1998,2000,2021 Howard A. Landman

Sonnets To Orpheus II, 24

O diese Lust, immer neu, aus gelockertem Lehm!
Niemand beinah hat den frühesten Wagern geholfen.
Städte entstanden trotzdem an beseligten Golfen,
Wasser und Öl füllten die Kruge trotzdem.

Götter, wir planen sie erst in erkühnten Entwürfen,
die uns das mürrische Schicksal wieder zerstört.
Aber sie sind die Unsterblichen. Sehet, wir dürfen
jenen erhorchen, der uns am Ende erhört.

Wir, ein Geschlecht durch Jahrtausende: Mütter und Väter,
immer erfüllter von dem künftigen Kind,
daß es uns einst, übersteigend, erschüttere, später.

Wir, wir unendlich Gewagten, was haben wir Zeit!
Und nur der schweigsame Tod, der weiß, was wir sind,
und was er immer gewinnt, wenn er uns leiht.

Oh this desire, always new, from loosened clay!
Nearly no one helped the earliest ventures.
Cities were built despite that on blissful bays;
despite it, oil and water filled the pitchers.

We draw our gods at first in daring plans,
which grumpy fate destroys for us again.
But they are the immortals. Look, we can
at least hear him, who hears us in the end.

We, a thousand year lineage: mothers and fathers,
filled with future children, always more,
that, once outstripping us, will shock us, later.

We endless venturers, what time we own!
And only Death, discreet, knows what we are,
and his profit, when he puts us out to loan.

Copyright ©1998,1999,2021 Howard A. Landman

Sonnets To Orpheus II, 20

Zwischen den Sternen, wie weit; und doch, um wievieles noch weiter,
was man am Hiesigen lernt.
Einer, zum Beispiel, ein Kind ... und ein Nächster, ein Zweiter-,
o wie unfaßlich entfernt.

Schicksal, es mißt uns vielleicht mit des Seienden Spanne,
daß es uns fremd erscheint;
denk, wieviel Spannen allein vom Mädchen zum Manne,
wenn es ihn meidet und meint.

Alles ist weit-, und nirgends schließt sich der Kreis.
Sieh in der Schüssel, auf heiter bereitetem Tische,
seltsam der Fische Gesicht.

Fische sind stumm ..., meinte man einmal. Wer weiß?
Aber ist nicht am ende ein Ort, wo man das, was der Fische
Sprache wäre, ohne sie spricht?

Between the stars, how far; yet, how much farther
is what our own neighbors can impart.
One, for example, a child ... next door, another -
oh how inconceivably far apart.

Fate, it maybe measures us in spans
of lifetimes, which to us seems somehow wrong;
but think how many spans from girl to man,
when she both puts him off and leads him on.

All's far - and nowhere does the circle close.
See, on the table gaily laid, in a dish,
the strange face of fish.

Fish are speechless ... once we thought. Who knows?
But isn't there at last a place in which
one speaks the fish's language, without fish?

Copyright ©1998,1999,2021 Howard A. Landman

Sonnets To Orpheus II, 19

Irgendwo wohnt das Gold in der verwöhnenden Bank,
und mit Tausenden tut es vertraulich. Doch jener
Blinde, der Bettler, ist selbst dem kupfernen Zehner
wie ein verlorener Ort, wie das staubige Eck unterm Schrank.

In den Geschäften entlang ist das Geld wie zu Hause
und verkleidet sich scheinbar in Seide, Nelken und Pelz.
Er, der Schweigende, steht in der Atempause
alles des wach oder schlafend atmenden Gelds.

O wie mag sie sich schließen bei Nacht, diese immer offene Hand.
Morgen holt sie das Schicksal wieder, und täglich
hält es sie hin: hell, elend, unendlich zerstörbar.

Daß doch einer, ein Schauender, endlich ihren langen Bestand
staunend begriffe und rümte. Nur dem Aufsingenden säglich.
Nur dem Göttlichen hörbar.

Somewhere the gold lives in a bank, pampered,
the confidante of thousands. Yet any
blindman, a beggar, is to a copper penny
like a lost place, a dusty nook under the hamper.

Money seems right at home in the stores,
thinly disguised in silk, flowers and furs.
He, silent, stands in the pause between breathing
of all of the money that's awake or sleeping.

Oh how can it close at night, this always open hand?
In the morning fate grabs it again, and each day
holds it out: pale, wretched, ever destructible.

If only one who saw, amazed, would finally understand
and laud its long survival. Only a singer might say.
Only to a god would it be audible.

Copyright ©1998,1999,2000,2021 Howard A. Landman

Sonnets To Orpheus II, 14

Siehe die Blumen, diese dem Irdischen treuen,
denen wir Schicksal vom Rande des Schicksals leihn, -
aber wer weiss es! Wenn sie ihr Welken bereuen,
ist es an uns, ihre Reue zu sein.

Alles will schweben. Da gehn wir umher wie Beschwerer,
legen auf alles uns selbst, vom Gewichte entzückt;
o was sind wir den Dingen für zehrende Lehrer,
weil ihnen ewige Kindheit glückt.

Nähme sie einer ins innige Schlafen und schliefe
tief mit den Dingen -: o wie käme er leicht,
anders zum anderen Tag, aus der gemeinsamen Tiefe.

Oder er bliebe vielleicht; und sie blühten und priesen
ihn, den Bekehrten, der nun den Ihrigen gleicht,
allen den stillen Geschwistern im Winde der Wiesen.

See these flowers, faithful to the earth, and
to whom we lend fate from the edge of fate -
but, who knows? If they repent their withering,
it's up to us to be their only penance.

All would float. And yet we act like burdens,
lay down on everything, thrilled with our weight;
what draining teachers we are for the things,
who are happy with eternal adolescence.

If one took them into heartfelt sleep and slept
deeply with things - oh he'd get light as air,
changed for a changed day, from the common depth.

Or perhaps he'd stay. And they would bloom and praise
him, the convert, who looks like one of theirs,
all silent siblings in the meadow breeze.

Copyright ©1998,1999,2021 Howard A. Landman